Sonntag, 27. September 2015

Am grünen Rand der Welt

In seinem Roman "Far from the Madding Crowd" schildert Thomas Hardy die romantischen Verstrickungen einer jungen Frau, Bathsheba Everdene, die schließlich zum Happy End, einer Heirat mit dem Richtigen, führen.
Die Verfilmung des Romans, nicht die erste übrigens, ist vor einiger Zeit erschienen, mit Carey Mulligan in der Hauptrolle. Bathsheba vereint in ihrem Wesen Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit einerseits, Unsicherheit und Zweifel bei der Suche nach Lebenssinn und Glück andererseits. Beides wird im Film deutlich: ihr manchmal fast trotziges Beharren auf ihrem Standpunkt, aber auch ihr Zögern, ihre Ambivalenz. Als sie zum Beispiel als neue Gutsbesitzerin ihren Arbeitern das erste Mal den Lohn ausbezahlt, entlässt sie den Verwalter aus nachvollziehbaren Gründen. Alle Landarbeiter sind anwesend; die Szene ist eine kleine Machtprobe - vor dem Schreibtisch der bullige Verwalter, dahinter sitzend Bathsheba, die sich gegen senen Widerspruch durchsetzt. Erst als der Verwalter gegangen ist, merkt man ihre Anspannung, und sie stützt kurz den Kopf in ihre Hände.
Für das späte 19. Jahrhundert ist ihr Auftreten den Männern gegenüber sehr selbstbewusst. Gabriel Oak und Mister Boldwood, die ihr beide einen Heiratsantrag machen, werden abgewiesen. Als jedoch der windige Sergeant Troy Interesse an ihr bekundet, wird sie unsicher. Die Schlüsselszene zwischen den beiden spielt in einer Waldlichtung, wo Troy ihr vorführt, wie kunstvoll er das Schwert handhabt. Er weist sie an, während seiner Demonstration bewegungslos stehen zu bleiben und ihm zu vertrauen; die Klinge sei stumpf. Bathsheba braucht Mut und Standhaftigkeit während der Zeremonie, und zum Schluss stellt sich noch heraus, dass der Säbel eine scharfe Klinge hat, als Troy ihr eine Locke abschneidet. Er hat sie also belogen, und ihm soll sie vertrauen? Aber da ist es schon um sie geschehen. Bald nach der Trauung erkennt sie ihren Fehler. Es will meiner Meinung nach nicht so recht zu dieser willensstarken und durchsetzungsfähigen Frau passen, dass sie verzweifelt reagiert, als Boldwood Troy erschießt, nachdem dieser unerwartet aufgetaucht ist. Erleichterung hätte besser zu ihr gepasst, finde ich.
In der Romanvorlage und im Film werden seelische Zustände durch das Wetter gespiegelt. Bedeutsame Veränderungen im Handlungsverlauf werden durch eine Feuersbrunst oder einen Sturm angekündigt. Die liebliche Landschaft Südenglands, die romantischen Dörfer und Gegenden liefern eine wunderschöne Folie zum Film. Auch die Filmmusik von Craig Armstrong möchte ich lobend erwähnen; mit ihren folkloristischen Elementen trägt sie viel zur Atmosphäre des Films bei.