Montag, 23. November 2015

Volxmusik Teil 2


Die Volksmusik im süddeutschen Raum, aber auch in Österreich und der Schweiz, erlebt gerade einen Aufschwung, was sich zum einen an der Vielzahl der Gruppen, die sich neu formieren, ausmachen lässt, zum anderen an den vielen Festivals, die zum Thema Volksmusik entstehen. Nicht alle der Volkmusikgruppen sind gut, denn es genügt nicht, das Instrumentarium der Volksmusik mit Verstärker zu verwenden und damit vorwiegend die übliche Popmusik zu spielen, mit den sattsam bekannten Harmoniefolgen und dem ewig gleichen Schlagzeugrhythmus.

Zwirbeldirn

ist eine Gruppe, die qualitativ herausragt und deren Musik es lohnt, sie zu entdecken. Drei Frauen an der Geige bzw. Bratsche und ein Mann am Kontrabass spielen Alpenländisches, aber auch Stücke aus dem Balkan. Die drei jungen Frauen singen auch, im Dialekt, auf Hochdeutsch und Englisch, und sie jodeln, und das eindrucksvoll, ohne Stimmakrobatik, wie man es manchmal hört, und ohne sentimentalen Beigeschmack, sondern kraftvoll, mit gut harmonierenden Stimmen. 
Zwirbeldirn haben ein abwechslungsreiches Repertoire; reine Instrumentalstücke wechseln sich ab mit Liedern, erinnernd an Moritaten und Bänkelsang, Blues. Die Möglichkeiten der Streichinstrumente werden ausgeschöpft; da wird gezupft und gechoppt, Knarzgeräusche des Bogens werden bewusst eingesetzt. Die Geigerinnen sind nicht um Wohlklang bemüht; ich glaube, dass es ihnen um Authentizität geht. Bemerkenswert sind auch die Texte: Auch wenn es um Jäger und Sennerin geht, hört man immer ein Augenzwinkern mit, die Ironie bricht durch.



Sonntag, 11. Oktober 2015

Bemaltes Porzellan - Teeservice "Fuchsien"

Vor über einem Jahr bin ich auf der Weser-Radtour in Fürstenberg, der Porzellanmanufaktur,  vorbeigekommen und wollte nicht vorüberfahren, ohne mir die Fabrik und das Museum angesehen zu haben. Im Laden erstand ich dann ein Teeservice mit dünnwandigen, zierlichen Tassen und einer Kanne, die mich ein wenig an fernöstliches Design erinnert und die trotzdem zeitlos wirkt. Nach Ostern in diesem Jahr habe ich mich endlich daran gewagt und das Porzellan bemalt. In einem Kurs bei Frau Susanne Reisser am Bodensee habe ich meine Ideen in konkrete Entwürfe umgesetzt und diese dann zu Hause fertig gestellt. So sieht das Ergebnis aus:






Sonntag, 27. September 2015

Am grünen Rand der Welt

In seinem Roman "Far from the Madding Crowd" schildert Thomas Hardy die romantischen Verstrickungen einer jungen Frau, Bathsheba Everdene, die schließlich zum Happy End, einer Heirat mit dem Richtigen, führen.
Die Verfilmung des Romans, nicht die erste übrigens, ist vor einiger Zeit erschienen, mit Carey Mulligan in der Hauptrolle. Bathsheba vereint in ihrem Wesen Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit einerseits, Unsicherheit und Zweifel bei der Suche nach Lebenssinn und Glück andererseits. Beides wird im Film deutlich: ihr manchmal fast trotziges Beharren auf ihrem Standpunkt, aber auch ihr Zögern, ihre Ambivalenz. Als sie zum Beispiel als neue Gutsbesitzerin ihren Arbeitern das erste Mal den Lohn ausbezahlt, entlässt sie den Verwalter aus nachvollziehbaren Gründen. Alle Landarbeiter sind anwesend; die Szene ist eine kleine Machtprobe - vor dem Schreibtisch der bullige Verwalter, dahinter sitzend Bathsheba, die sich gegen senen Widerspruch durchsetzt. Erst als der Verwalter gegangen ist, merkt man ihre Anspannung, und sie stützt kurz den Kopf in ihre Hände.
Für das späte 19. Jahrhundert ist ihr Auftreten den Männern gegenüber sehr selbstbewusst. Gabriel Oak und Mister Boldwood, die ihr beide einen Heiratsantrag machen, werden abgewiesen. Als jedoch der windige Sergeant Troy Interesse an ihr bekundet, wird sie unsicher. Die Schlüsselszene zwischen den beiden spielt in einer Waldlichtung, wo Troy ihr vorführt, wie kunstvoll er das Schwert handhabt. Er weist sie an, während seiner Demonstration bewegungslos stehen zu bleiben und ihm zu vertrauen; die Klinge sei stumpf. Bathsheba braucht Mut und Standhaftigkeit während der Zeremonie, und zum Schluss stellt sich noch heraus, dass der Säbel eine scharfe Klinge hat, als Troy ihr eine Locke abschneidet. Er hat sie also belogen, und ihm soll sie vertrauen? Aber da ist es schon um sie geschehen. Bald nach der Trauung erkennt sie ihren Fehler. Es will meiner Meinung nach nicht so recht zu dieser willensstarken und durchsetzungsfähigen Frau passen, dass sie verzweifelt reagiert, als Boldwood Troy erschießt, nachdem dieser unerwartet aufgetaucht ist. Erleichterung hätte besser zu ihr gepasst, finde ich.
In der Romanvorlage und im Film werden seelische Zustände durch das Wetter gespiegelt. Bedeutsame Veränderungen im Handlungsverlauf werden durch eine Feuersbrunst oder einen Sturm angekündigt. Die liebliche Landschaft Südenglands, die romantischen Dörfer und Gegenden liefern eine wunderschöne Folie zum Film. Auch die Filmmusik von Craig Armstrong möchte ich lobend erwähnen; mit ihren folkloristischen Elementen trägt sie viel zur Atmosphäre des Films bei.

Sonntag, 12. Juli 2015

Claudia Brendler: Fette Fee (Buchbesprechung)

Dieser Roman liefert überzeugende Charakterporträts der beiden Protagonistinnen, der 41-jährigen Jill, einer erfolglosen Schauspielerin und Kabarettistin, und der 16-jährigen Schülerin Felicia. Der Leser nimmt die Welt abwechselnd aus der Perspektive von Jill und von Felicia wahr. Insbesondere die Darstellung von Felicias - "Felis" - Innenleben ist sehr gelungen. Die Jugendliche ist stark übergewichtig, hat ein ziemlich angeschlagenes Selbstwertgefühl, wird in der Schule gemobbt und trägt sich manchmal mit Suizidgedanken. Sie hat eine parallele Fantasiewelt geschaffen, in die sich in Problemsituationen flüchtet. Sehr einfühlsam wird beschrieben, wie sich das Interesse von Felicia am anderen Geschlecht von realitätsfernen Traumwelten verschiebt und sich Julius zuwendet, einem Klassenkollegen. Auch Jill ist als Charakter glaubwürdig entworfen, viel besser als manche Romanfigur der von der Kritik hochgelobten Marlene Streeruwitz, deren Frauen oft unerträglich larmoyant und voll Selbstmitleid sind.

Montag, 15. Juni 2015

Folk - Volxmusik


Voriges Wochenende war ich auf einem Workshop für Bal Folk, und dort habe ich diese CD erstanden, die für mich eine Entdeckung ist:



Das Duo Cassard hat Gastmusiker eingeladen, und dabei sind hörenswerte Aufnahmen entstanden. Die Stücke basieren auf west- und nordeuropäischer Volksmusik, aber auch auf Volksmusik aus dem Balkan und dem nahen Orient. Diese alten Weisen werden mit Stilelementen des Jazz und Blues kombiniert, und das Ergebnis klingt überzeugend.

Irische, schottische, englische, bretonische, skandinavische und galicische Volksmusik hat in den letzten Jahrzehnten einen wahren Aufschwung erlebt. Im süddeutschen Raum lebend, hatte ich den Eindruck, dass das auch für die alpenländische Volksmusik gilt, denn es formieren sich zunehmend Gruppen, die auf Basis der alpenländischen Volksmusik unter Einbeziehung von modernen Harmonie- und Rhythmuselementen Musik machen, die aufhorchen lässt. Außerhalb des süddeutschen Raums sind sie aber kaum bekannt, und diese Volksmusik hat mit Vorbehalten zu kämpfen, habe ich bemerkt.
Der "Musikantenstadl" und ähnliche Veranstaltungen sind dafür verantwortlich, aber die Wurzeln liegen tiefer, wie Walter Haberl schon im Jahr 1993 konstatiert hat:

Das größte Dilemma in diesem Jahrhundert (Anm.: 20. Jhdt.) war, dass die Volksmusik - ich spreche nicht von der Verblödungsmusik à la Musikantenstadl - völlig unter die Räder gekommen ist. Das hat natürlich politische Gründe. Beethoven hat das Dritte Reich überlebt, die Volksmusik nicht. Denn von allem, das nach ´45 im ländlichen Raum vorhanden war, hat sich die Musikphilosophie, sprich Adorno, distanziert. Wer Volksmusik gemacht hat, dem wurde von höchster Stelle sofort der Stempel eines Reaktionärs mit faschistoidem Hauch aufgedrückt. Die Zerstörung der eigentlichen Volksmusikkultur kam von beiden Seiten, von rechts und dann von links. (nmz 1993)

Von den neuen Volksmusikanten ist der Begriff  "Volxmusik" geprägt worden, um die authentische Volksmusik vom Kommerz abzugrenzen. In den 80er Jahren habe ich Hubert von Goisern als Vorreiter dieser Bewegung erlebt, mit der CD "Aufgeigen statt niederschiassen". Neue Texte, gekonnt auf die alten anspielend, ein erweitertes Intrumentarium ließen die alten Stücke in einem anderen Licht erscheinen oder machten sie überhaupt erst bekannt. Eine Instrumentalnummer ist mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben: Der Neu-Ausseer, basierend auf dem Alt-Ausseer Jodler, beginnt langsam und getragen, wie für diesen Jodler üblich, und gleitet ganz allmählich in ein grooviges und fetziges Arrangement hinüber.
Es gab und gibt noch viele Volksmusikanten, die sich vehement gegen jede Änderung des ursprünglichen Texts, der Melodie oder Harmonie wehren, so, als lebten wir in einer abgeschotteten Welt, in der es keine Einflüsse von außen gibt. Dabei bemisst sich die Lebendigkeit einer Tradition doch an ihrer Fähigkeit, sich anzupassen, andere Traditionen aufzunehmen.
Ich bin überzeugt, dass die alpenländische Volksmusik sich öffnen muss, um zu überleben und für jüngere Generationen wieder interessant zu sein.

Montag, 1. Juni 2015

Gartenimpressionen

"Blaue Blume" - der Titel darf in dieser Jahreszeit durchaus wörtlich verstanden werden; in meinem Garten gibt es zur Zeit einige Sorten von blau blühenden Blumen: drei Arten von Glockenblumen, zwei verschiedene Geranien, von denen die eine schon eher lila zu nennen wäre, Ehrenpreis, Vergissmeinnicht ud Akeleien, die schon fast wieder verblüht sind. Die Rose "Cardinal Richelieu", immer die erste, die im späten Frühling ihre Blüten öffnet, weist in der Blütenfarbe einen deutlichen Blauanteil auf, finde ich - und - sie ist die dunkelste Rosenart im Garten.





Dienstag, 26. Mai 2015

Filmrezension zu "Silentium - vom Leben im Kloster"

Dieser Film von Sobo Swobodnik schildert den Alltag im Kloster der Benediktinerinnen im schwäbischen Habsthal. Schon die Ankündigung des Films hat mich an den Film "Die große Stille" erinnert, in dem ein Einblick in das Leben der Mönche in der Grande Chartreuse, dem Mutterkloster des Kartäuserordens im Südosten Frankreichs gegeben wird. 
"Silentium", "Stille" - schon die Titelwörter der Filme legen einen Vergleich nahe. Beide verzichten auf Filmmusik, nur im Abspann hört man in "Silentium" einen Song. Ansonsten hört man in beiden Filmen Geräusche, wie z. B. die Schritte der Ordensleute, das Wehen des Windes, Vogelgezwitscher, Gesang und Gebete in der Kirche. Mit einem signifikanten Unterschied: zwei der vier Schwestern, die gegenwärtig im Kloster leben, erzählen aus ihrem früheren Ordensleben, wobei offen bleibt, ob es vorher eine Frage gegeben hat, und die Äbtissin hört man beispielsweise bei einem Telefonat. Der Kartäuserorden ist ein Schweigeorden; die Mönche sprechen nicht, auch nicht bei längeren Einstellungen in Frontalansicht, was eine sehr dichte Atmosphäre erzeugt. Der Film "Silentium" erreicht diese Atmosphäre nicht; im Gegenteil, er weist manchmal Längen auf. Im Mönchsorden leben natürlich viele Brüder, junge wie alte, und allein das schon eröffnet mehr Möglichkeiten für eine abwechslungsreiche Darstellung als das Leben im Frauenorden mit drei betagten Nonnen und einer nicht mehr ganz jungen Äbtissin. Ein älterer Pater lebt auch in dieser Gemeinschaft; er isst mit den Nonnen, ist in der Kirche anwesend, und man sieht ihn bei landwirtschaftlichen Arbeiten auf dem Gelände des Klosters. 
Die Nonnen siezen sich, was auf mich befremdlich wirkt, schließlich haben sie miteinander schon mehr Zeit verbracht, als man normalerweise mit eigenen Geschwistern verbringt. Dass ein Leben im Kloster nicht ohne Spannungen und zwischenmenschliche Probleme abläuft, ist klar, und das gilt auch dann, wenn man in einem Schweigeorden lebt. Aber eine Atmosphäre der Fürsorge und Geschwisterlichkeit sollte spürbar sein, denke ich. Im Film "Silentium" wird diese menschliche Wärme nicht spürbar, die Distanz überwiegt. 
Natürlich macht es einen Unterschied, wie viel Zeit für Dreharbeiten verfügbar ist, und ich glaube, dass der Film "Die große Stille" da eindeutig im Vorteil ist. Herr Swobodnik hatte seinen Film vermutlich viel schneller fertig.
Könnten sich junge Frauen angesprochen fühlen, in die Klostergemeinchaft in Habsthal einzutreten? Da bin ich eher skeptisch. Ist das Kloster attraktiv für Ruhesuchende, für Leute, die Abstand vom Alltag gewinnen möchten, eine "Auszeit" anstreben? Das kann ich mir schon vorstellen; das Kloster bietet solche Möglichkeiten an.