Dienstag, 26. Mai 2015

Filmrezension zu "Silentium - vom Leben im Kloster"

Dieser Film von Sobo Swobodnik schildert den Alltag im Kloster der Benediktinerinnen im schwäbischen Habsthal. Schon die Ankündigung des Films hat mich an den Film "Die große Stille" erinnert, in dem ein Einblick in das Leben der Mönche in der Grande Chartreuse, dem Mutterkloster des Kartäuserordens im Südosten Frankreichs gegeben wird. 
"Silentium", "Stille" - schon die Titelwörter der Filme legen einen Vergleich nahe. Beide verzichten auf Filmmusik, nur im Abspann hört man in "Silentium" einen Song. Ansonsten hört man in beiden Filmen Geräusche, wie z. B. die Schritte der Ordensleute, das Wehen des Windes, Vogelgezwitscher, Gesang und Gebete in der Kirche. Mit einem signifikanten Unterschied: zwei der vier Schwestern, die gegenwärtig im Kloster leben, erzählen aus ihrem früheren Ordensleben, wobei offen bleibt, ob es vorher eine Frage gegeben hat, und die Äbtissin hört man beispielsweise bei einem Telefonat. Der Kartäuserorden ist ein Schweigeorden; die Mönche sprechen nicht, auch nicht bei längeren Einstellungen in Frontalansicht, was eine sehr dichte Atmosphäre erzeugt. Der Film "Silentium" erreicht diese Atmosphäre nicht; im Gegenteil, er weist manchmal Längen auf. Im Mönchsorden leben natürlich viele Brüder, junge wie alte, und allein das schon eröffnet mehr Möglichkeiten für eine abwechslungsreiche Darstellung als das Leben im Frauenorden mit drei betagten Nonnen und einer nicht mehr ganz jungen Äbtissin. Ein älterer Pater lebt auch in dieser Gemeinschaft; er isst mit den Nonnen, ist in der Kirche anwesend, und man sieht ihn bei landwirtschaftlichen Arbeiten auf dem Gelände des Klosters. 
Die Nonnen siezen sich, was auf mich befremdlich wirkt, schließlich haben sie miteinander schon mehr Zeit verbracht, als man normalerweise mit eigenen Geschwistern verbringt. Dass ein Leben im Kloster nicht ohne Spannungen und zwischenmenschliche Probleme abläuft, ist klar, und das gilt auch dann, wenn man in einem Schweigeorden lebt. Aber eine Atmosphäre der Fürsorge und Geschwisterlichkeit sollte spürbar sein, denke ich. Im Film "Silentium" wird diese menschliche Wärme nicht spürbar, die Distanz überwiegt. 
Natürlich macht es einen Unterschied, wie viel Zeit für Dreharbeiten verfügbar ist, und ich glaube, dass der Film "Die große Stille" da eindeutig im Vorteil ist. Herr Swobodnik hatte seinen Film vermutlich viel schneller fertig.
Könnten sich junge Frauen angesprochen fühlen, in die Klostergemeinchaft in Habsthal einzutreten? Da bin ich eher skeptisch. Ist das Kloster attraktiv für Ruhesuchende, für Leute, die Abstand vom Alltag gewinnen möchten, eine "Auszeit" anstreben? Das kann ich mir schon vorstellen; das Kloster bietet solche Möglichkeiten an.

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