Sonntag, 30. Oktober 2016

Herbstgedicht(e)

Bei diesem milden und sonnigen Herbstwetter kommen mir Verse aus berühmten Herbstgedichten in den Sinn, geschrieben von Rainer Maria Rilke, Georg Trakl, Hermann Hesse, Theodor Storm oder Friedrich Hebbel. Eines der schönsten Gedichte zum Thema fehlt jedoch in den gängigen Anthologien: das von Ferdinand von Saar (1833 - 1906). Dieser österreichische Dichter, der zur Epoche des Naturalismus gezählt wird, hat sich vor allem durch Novellen hervorgetan. Viele seiner Gedichte werden zu Recht kaum gelesen und wirken sentimental und manchmal anklagend, aber das folgende "Herbstgedicht" ist ein kleines Juwel und verdient eine größere Verbreitung:

Der du die Wälder färbst,                                  
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblühn
Dünkt mir dein sanftes Glühn.

Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur athmest du
Tiefer Erfüllung Ruh.

Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht:
Daß es zu Ende geht.